Quartierswohnen – Neue Konzepte für das vertraute Wohnumfeld

Krankheit oder Pflegebedürftigkeit führen oft dazu, dass Menschen ungewollt ihre vertraute Wohnumgebung verlassen müssen. Alternative Wohnraumkonzepte wirken dieser Entwicklung entgegen. Neustrukturierung und Anpassung städtischer Infrastrukturen ermöglichen gerade älteren und alleinstehenden Menschen neue Perspektiven.

Um Menschen zu ermöglichen, bis zum Lebensende im heimischen Wohnumfeld, im gleichen Stadtviertel oder der gewohnten Nachbarschaft bleiben zu können, müssen sich gerade in Städten Wohn- und Infrastruktur zukünftig bestmöglich verändern. Steigende Kosten, Gentrifizierung, mangelnde Barrierefreiheit, abgehende Angebote und wenige soziale Wohnungsbauangebote, gerade in Städten, beschreiben das Problem. Konzepte zum sogenannten „Quartierswohnen“ können so für Städte und Kommunen zum geeigneten Instrument werden, um eine zukunftsfähige Daseinsfürsorge gerade für Ältere, Kranke und Pflegebedürftige zu gewährleisten. Im Zentrum dieser Konzepte steht der Gedanke, die unterschiedlichen Bedürfnisse der An- und Bewohner*innen zu verbinden.

„Wie wollen Sie im Alter leben?“ – das ist die Grundlage für alle weiteren Entscheidungen. Ergänzend braucht es ein barrierefreies Umfeld, eine gute Nahversorgung und Akteure vor Ort, die Menschen mit Unterstützungsbedarf dabei begleiten, einen für sie passenden Unterstützungs-Mix aufzubauen: aus Selbsthilfe, Netzwerken, Ressourcen im Quartier und professionellen Dienstleistungen.“ Das sagt die Leiterin von Q8 Sozialraumorientierung Karen Haubenreisser.

Das Projekt „Q8 Sozialraumorientierung“ aus Hamburg ist ein erfolgreiches Beispiel dafür, wie Wohnformen neu gedacht werden. Vor dem Hintergrund einer älter werdenden Gesellschaft, steigendem Assistenzbedarf, dem wachsenden Wunsch nach Selbstbestimmung und Mitgestaltung sowie steigenden Ansprüchen an die Lebensqualität wird hier ein Wohnraum geschaffen, der auf das partnerschaftliche Zusammenleben von Bürger*innen, unterschiedlichen Professionen und Organisationen setzt.

Grundsätzlich werden bei der Gestaltung von Quartieren die Räume im Sinne des Wohnraumangebots, der Grundversorgung, der sozialen und gesundheitlichen Unterstützungsangebote und mit Beteiligungs- und Netzwerkstrukturen dementsprechend neu gedacht und gebaut.

Dazu gehören:

  • Die Beratung und Vermittlung von Wohnraum- und Beratungsangeboten.
  • Die architektonische Senioren- und pflegefreundliche (Um-)Gestaltung des Wohnraums und ein barrierefreies Wohnen.
  • Die Unterstützung und Beratung beim Aufbau alternativer Wohnformen, z.B. durch Senioren- oder Pflege-WGs.
  • Ortsnahe Unterstützungsangebote im medizinischen und pflegerischen Bereich.
  • Qualifizierte häusliche Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten.
  • Verpflegungs- und Einkaufsmöglichkeiten.
  • Grünanlagen und Erholungsmöglichkeiten.
  • Anlaufstellen und Beratungsangebote für soziale Belange und ein bürger- und nachbarschaftliches Engagement.
  • Offene Teilhabemöglichkeiten, z.B. niedrigschwellige Bildungs- und Kulturangebote, Begegnungsangebote, Gesprächskreise, Ausflüge, Informationsveranstaltungen, Sportangebote, etc.

Die Vernetzung aller Einrichtungen vor Ort zusammen mit der Nachbarschaft, den Trägern, der Kommune, der Stadt, dem Landkreis, etc.

Ein weiteres gutes Beispiel für die gelungene Vernetzung von Wohnraum, Unterstützungs- und Beteiligungsangeboten ist die „Gute Hoffnung“ in Oberhausen-Sterkrade, ein 2011 eröffneter Lebensraum für Jung und Alt.  Hier verbinden sich ein Seniorenzentrum, ein Familienzentrum inklusive Kindertagesstätte, ein Wohnpark mit Mehrfamilienhäusern und ein Begegnungszentrum miteinander und bieten den Mietern und Anwohnern des Stadtteils ein vielfältiges kommunikatives und soziales Angebot.

„Wir sind Kümmerer. Wir eröffnen den Bewohnern neue Lebenswelten und möchten vor allem älteren Menschen Sicherheit im Alltag geben. Wir sind für sie da und jederzeit ansprechbar. Durch unser vielfältiges soziales und kommunikatives Angebot bringen wir Menschen nicht nur zusammen, wir fördern auch das soziale Lernen. Ich habe die Vision, dass wir bei uns Menschen zusammenbringen und sie sehr stark integrieren, so wie dies auch in vielen Stadtteilen der Fall ist“, fasst Stefan Welbers, Einrichtungsleiter der Guten Hoffnung, das Konzept zusammen.

Ansprechpartner*in und Anlaufstelle vor Ort können neben den Einrichtungsleitern die sogenannten „Quartiersmanager*innen“ sein. Sie schaffen anhand der Bedarfslage passende Angebote und Lösungen vor Ort. Mittel zur Evaluierung der Bedarfsorientierung sind zu Beginn geografische und demografische Analysen des Wohnumfeldes, später dann auch die regelmäßigen Quartiersbegehungen und der dauerhafte Austausch mit den Anwohner*innen. Synergetische Netzwerkstrukturen und die Einbindung aller Beteiligten vor Ort, der städtischen Träger, der Kirchen und Sozialverbände, etc., beeinflussen den konkreten Umsetzungserfolg, die stetige Weiterentwicklung und die allgemeine Akzeptanz der jeweiligen Quartierskonzepte vor Ort maßgeblich.

Wenn Sie Fragen rund um das Thema Wohnen und Pflege haben, können Sie sich an eine Pflegeberatung wenden.