Spezialisierte stationäre Palliativversorgung

Wer an einer weit fortgeschrittenen Erkrankung leidet, dabei ohne Aussicht auf Heilung ist und zudem mit schweren Symptomen zu kämpfen hat, der wird in aller Regel in Deutschland palliativmedizinisch betreut. Neuerdings besteht diese Möglichkeit oft schon bei Erstdiagnosen bösartiger Tumore oder chronischen Erkrankungen. Die Betreuung kann einerseits ambulant durch geschulte Haus- und Fachärzte sowie ausgebildetes Pflegepersonal oder andererseits stationär geschehen. Im ersten Fall handelt es sich um die sogenannte „spezialisierte ambulante Palliativversorgung“ (SAPV) oder aber um die „spezialisierte stationäre Palliativversorgung“ (SSPV).

Wer sich oberflächlich mit Palliativversorgung beschäftigt, könnte auf den ersten Blick den Eindruck gewinnen, die Betreuung durch Palliativmediziner und Pflegekräfte sei eine reine Sterbebegleitung. Dem ist aber nicht so, wie Dr. med. Yann-Nicolas Batzler, Facharzt für Urologie und Palliativmedizin am Interdisziplinären Zentrum für Palliativmedizin (IZP) des Universitätsklinikums Düsseldorf (UKD) erklärt: „Wir versuchen, die Denk- und Blickweise auf die Palliativmedizin zu ändern. Palliativmedizin ist schon lange keine Sterbebegleitung mehr, wie Viele vielleicht denken, sondern es geht für uns Palliativmediziner darum, Patient*innen schon im Frühstadium einer Erkrankung zu begleiten, mögliche Versorgungsoptionen aufzuzeigen und die verschiedenen Optionen der Symptomkontrolle zu ermitteln. Studien zeigen: je früher die Palliativmedizin begleitend mit an Bord ist, umso weniger Symptome treten auf und umso besser ist die Lebensqualität bei den Systemtherapien. Ich denke, das zu wissen ist ganz wichtig. Palliativmedizin ist zur Symptombehandlung da, um eine starke Stütze und wissender und helfender Ansprechpartner in der Behandlung zu sein und die Lebensqualität der Betroffenen bestmöglich zu erhalten oder zu steigern.“

Was leistet Palliativversorgung für Betroffene?

In der Regel sind die Palliativstationen eigenständige Stationen, die an den Krankenhausbetrieb angegliedert sind. Das IZP am Düsseldorfer Universitätsklinikum beispielsweise verfügt derzeit über acht Betten. Das Ziel der interdisziplinären Behandlung und Betreuung ist es, die Patient*innen bei ausreichender Symptomlinderung schnellstmöglich wieder zu entlassen. Die vorherige Anmeldung auf einer Palliativstation kann durch die Patient*innen selbst, ihre Angehörige, einen Pflegedienst, die behandelnden niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, durch Pflegeheime oder Mitarbeiter*innen der jeweiligen Kliniken erfolgen. Zur Aufnahme bedarf es einer ärztlichen Einweisung. Der Aufenthalt zum Zwecke der spezialisierten stationären Palliativversorgung ist in der Regel zeitlich begrenzt.

Die entstehenden Kosten dafür werden von den Krankenkassen getragen. Das gilt für die gesetzliche und die private Krankenversicherung. Für die Versorgung von Patient*innen in dafür spezialisierten stationären Palliativstationen und Hospizen erbringt die private Krankenversicherung Leistungen nach den üblichen Erstattungsregelungen. Damit wird dem besonderen Bedürfnis von Patient*innen auch in ihrer letzten Lebensphase Rechnung getragen. Besondere Regelungen gelten dabei für die Versorgung von schwerkranken Kindern, die häufig auch mehrfach in einem stationären Hospiz oder einer Palliativstation betreut werden. Auch hier erbringt die private Krankenversicherung – auch mehrfach – die entsprechenden Leistungen.

Große Verantwortung für ein großes Team

Auf einer Palliativstation werden Patient*innen nach ihrer Einweisung durch multiprofessionelle Teams versorgt und betreut. Die gezielte Behandlung weitfortgeschrittener, unheilbarer Erkrankungen durch Systemtherapie führt im Ergebnis oft dazu, dass Patient*innen noch recht lange ohne weitere Hilfe der Mediziner*innen in ihren jeweiligen Erhaltungstherapien leben können, erläutert Dr. Batzler. „Es ist durchaus so, dass wir Patient*innen dann nicht mehr mitbetreuen müssen, weil die Lebensqualität nach unserer Versorgung sehr stabil ist. Wir haben auch ein ambulantes Team, welches dann die Versorgung bei den Patient*innen zu Hause übernimmt und es ist das Schönste, wenn wir feststellen, dass unsere Kolleg*innen ihren Job machen können, weil die Symptome unter Kontrolle sind, die Lebensqualität stimmt und die Patient*innen autark und ohne Hilfe von uns leben können.“

Für die vielfältigen Aufgaben der Palliativversorgung werden vielfältige Kenntnisse benötigt. Exemplarisch lässt sich das am breit aufgestellten Team des Palliativzentrums am UKD zeigen: Zum Team gehören die Fachärztinnen und Fachärzte, die auch Palliativmediziner*innen sind, Assistenzärzt*innen, das Pflegeteam, bestehend aus Fachkrankenpfleger*innen und Palliativ-Spezialkräften, Case-Manager*innen, Physiotherapeut*innen, Masseur*innen, Psycholog*innen, Sozialpädagog*innen, Sozialarbeiter*innen, Trauerbegleiter*innen, Apotheker*innen, einem Pfarrer und sogar einem Therapiehund.

SSPV, SAPV und Konsildienst arbeiten Hand in Hand in der Palliativversorgung

Die Kolleg*innen aus den verschiedensten Fachrichtungen arbeiten Hand in Hand für die Rundumversorgung der Patient*innen auf der Station und auch außer Haus. „Wir haben ein SAPV-Team, das nach Hause zu den Patienten gehen kann und wir haben auch noch den Konsildienst, der im Universitätsklinikum andere Fachabteilungen mitbetreut. Darüber hinaus bieten wir Kommunikationsseminare für Abteilungen an, was eine Kollegin zum Beispiel sehr erfolgreich auf der Covid-Station durchgeführt hat“, ergänzt Dr. Batzler.

Zur Versorgung der Patient*innen gehöre aber auch immer die medizinische Vorgeschichte, gerade wenn die Betroffenen schon eine lange Krankheitshistorie mitbringen. Für die behandelnden Palliativmediziner stellt sich immer die Frage: Wer waren und sind die behandelnden Fach- und Hausärzte? Gibt es Arztbriefe und Untersuchungsunterlagen in Kopie? Wer sind die Ansprechpartner*innen im Notfall? Bestehen Vorsorgeunterlagen, wie z.B. eine gültige Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht? Fragen, bei denen die Palliativmediziner gerne auf die Hilfe der Patient*innen und deren Angehörige zurückgreifen.

Niemand muss Angst vor Palliativmedizin haben

„Gerade die Angehörigen bleiben nicht außen vor. Das bedeutet konkret, dass wir sie gerne mit ins Aufnahmegespräch dazu nehmen und sogenannte Familiengespräche führen. Angehörige und Patient*innen profitieren total davon und wir besprechen schon beim Aufnahmegespräch, dass wir uns zeitnah nach ein paar Tagen des Kennenlernens wieder in großer Runde treffen, um die Versorgung zu planen und medizinische und pflegerische Themen zu besprechen. Wir möchten wissen, ob die häusliche Versorgung gewährleistet ist, ob Hilfsmittel rezeptiert und beantragt werden müssen, ob der Pflegegrad ermittelt oder angepasst, bzw. höher graduiert werden muss, um zusätzliche Pflege möglich zu machen. Die Zusammenarbeit mit den Angehörigen hört bei uns nicht auf der Türschwelle auf, ganz im Gegenteil, dort fängt sie gerade erst an“, sagt Dr. Yann-Nicolas Batzler abschließend.

Wer allgemeine Fragen zum Thema Palliativmedizin hat, dem empfiehlt der Palliativmediziner, sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin zu informieren. Dort bekommen Ratsuchende und Interessierte viele Informationen und Downloadmöglichkeiten, auch zum Bereich der Vorsorge und der Symptomkontrolle. Darüber hinaus besteht auch immer die Möglichkeit, sich auf den Internetseiten der jeweiligen Palliativstationen zu informieren und den direkten Kontakt zu suchen. Auch Haus- und Fachärzte informieren über die vielfältigen Möglichkeiten palliativmedizinischer Versorgung. Für Fragen zur Pflege und Betreuung kann man sich immer an die Pflegestützpunkte oder Pflegeberatungsstellen wenden.