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Häusliche Kinderkrankenpflege unterstützt und entlastet Familien

Kinderpflegedienste sind spezialisiert auf die Versorgung und Betreuung von akut und chronisch kranken Kindern. Sie stehen Eltern zur Seite, die ein schwerkrankes Kind zu Hause versorgen, manchmal über mehrere Jahre. Ein Interview mit Susanne Mehnert vom Kinderpflegedienst des „wir für pänz e.V.“.

Familienleben mit einem schwerkranken Kind: Der Kinderpflegedienst unterstützt Eltern bei der Versorgung zu Hause.

Welche Unterstützung bietet die häusliche Kinderkrankenpflege für Kinder und ihre Eltern?

Wir unterstützen die Eltern bei der Versorgung ihres schwerkranken Kindes zu Hause, vom Säugling bis zum Jugendalter. In den meisten Fällen werden die Kinder nach der Geburt mit einer Diagnose aus der Klinik entlassen. Die Grunderkrankung erfordert dann auch zu Hause eine fortwährende Behandlungspflege, welche die Eltern erst einmal erlernen müssen.

Hierbei unterstützen die Kinderkrankenschwestern: sie überwachen den Allgemeinzustand des Kindes kontrollieren die Vitalzeichen, beobachten das Kind genau auf Krankheitsveränderungen und reagieren entsprechend darauf. Und Schritt für Schritt leiten wir die Eltern in den ersten Wochen dazu an, selbst die Gesundheitssituation ihres Kindes einzuschätzen und entsprechend zu entscheiden und zu reagieren. Die Eltern möchten natürlich ihr Kind selber versorgen. Wenn der Zustand des Kindes sich stabilisiert und die Eltern die notwendigen Kompetenzen erworben haben, ziehen wir uns langsam aus der Pflege zurück.

Dies funktioniert sehr gut, wenn der Allgemeinzustand durch eine Erkrankung am Lebensanfang geschwächt war, oder bei ehemaligen Frühchen, deren Zustand sich erst stabilisieren muss. Wir versorgen auch oft Kinder nach einer OP in den ersten Lebensmonaten, wie es zum Beispiel bei einem Herzfehler der Fall sein kann. Auch wenn eine Erkrankung aufgrund eines Gendefekts vorliegt, können die Eltern oft schnell die notwendige Behandlungspflege selber erlernen und übernehmen.

Bei einem guten Verlauf können wir innerhalb von anderthalb bis drei Monaten mit der Rückzugspflege beginnen.

Sie betreuen akut kranke Kinder, unterstützen aber auch dauerhaft bei chronischen Erkrankungen. Welche Zeiträume sind das, in denen Sie die Familien begleiten?

Wenn Kinder aufgrund der Erkrankung in ihrer Entwicklung eingeschränkt sind und dauerhaft Hilfe und pflegerisch-medizinische Interventionen benötigen, unterstützen und entlasten wir die Eltern dann oft 6-12 Stunden am Tag. Letztendlich richtet sich der Versorgungsumfang nach dem Bedarf des Kindes und seiner Familie. Und das über viele Jahre, manchmal bis zum Jugendalter. Das Kind kann dann nicht unbeaufsichtigt bleiben, wenn die Eltern ihren Alltag bewältigen müssen.

Bei einer schweren Erkrankung des Kindes, auch bei geistiger oder körperlicher Behinderung führen wir die ständig notwendige Behandlungspflege durch, geben z.B. Medikamente, saugen Sekret ab, verabreichen und beobachten die Sauerstoffgabe, leiten zur Atemtherapie an und unterstützen durch die Durchführung von Prophylaxen. Die Pfleger*innen kennen die Kinder dann sehr gut und können bei einer akuten Verschlechterung des Gesundheitszustands frühzeitig gegensteuern.

Susanne Mehnert ist die Pflegedienstleitung des Kinderkrankenpflegedienstes „wir für pänz e.V.“ in Köln. Der Dienst gehört zu einem Verein, der sich um Familien und Kinder kümmert, die durch chronische Krankheit, Behinderung oder Entwicklungsverzögerung und/ oder durch Armut benachteiligt sind.

Wie gestalten Sie mit der Familie eine dauerhafte Pflegesituation?

Ganz anders als in der Klinik ist die Pflege zu Hause sehr individuell auf das einzelne Kind ausgerichtet. Die Kolleg*innen kennen die Kinder und die Familien gut, denn die Teams sind relativ konstant. Die Kinderkrankenschwester ist allein vor Ort und trifft dort die notwendigen Entscheidungen. Dafür ist Berufserfahrung notwendig, um die Situation richtig einzuschätzen. Wann muss eine Ärztin/ ein Arzt oder die Klinik eingeschaltet werden? Für mich ist die häusliche Kinderkrankenpflege das, was ich mir unter Pflege vorstelle: individuell für jemanden da sein zu können und Zeit für die tatsächliche Pflege der Kinder zu haben, dabei die notwendige Hilfe und Unterstützung geben zu können, weil ich das Kind und die Familie und deren Umstände gut kenne.

Ist die Kinderkrankenpflege eine Entlastung für die Eltern oder ergänzt Ihr Angebot die Versorgung durch die Eltern?

Meistens gibt es in dieser Situation keine Alternative. Die Eltern sind auf die professionelle Pflege, die wir leisten, angewiesen.

Bei der ambulanten Altenpflege geht es oft um die Unterstützung der Grundpflege, bei der ein pflegebedürftiger Mensch Hilfe benötigt. Diese Grundpflege führen die Eltern meist selbst durch, da sie ja zur elterlichen Sorge um das Kind dazugehört. Kinderkrankenpflege ist fast immer Behandlungspflege nach dem SGB V: Wir übernehmen die pflegerischen Maßnahmen, die durch die Grunderkrankung notwendig sind. Und sicherlich ist es eine Entlastung für die Eltern, dass wir vor Ort sind.

Was brauchen Eltern in dieser Situation besonders? Gibt es für einen Kinderkrankenpflegedienst immer auch einen Grenzbereich zu familienunterstützenden Hilfen?

Nach einiger Zeit sind die Pfleger*innen vertraute Menschen für die Familien. Die Eltern haben einen hohen Austauschbedarf. Und wir sind neben ihnen die Experten*innen für das Kind. Wir leisten darüber hinaus jedoch keine psychologische Unterstützung. Wir kennen die Möglichkeiten für entlastende Leistungen z.B. über die Pflegeversicherung, das Jugendamt etc. und können zu weiterer Unterstützung beraten.

Für uns kommt im Verein „wir für pänz“ hinzu, dass auch solche Hilfen für Familien angeboten werden. Im Verein sind viele Berufsgruppen vertreten und die Kommunikationswege sind kurz. Mitarbeiter*innen aus dem familienunterstützendem Dienst (FUD) oder Pädagog*innen aus der Eingliederungshilfe können z.B. schnell aushelfen. Wir haben den Hilfebedarf der gesamten Familie im Blick und sehen nicht nur die pflegerisch-medizinische Problematik. Und die Eltern haben durch den Kontakt zu uns auch Vertrauen in die Unterstützungsleistung der Kolleg*innen aus dem Verein.

Gegebenenfalls ist trotz der Erkrankung oder Einschränkungen ein KiTa- oder Schulbesuch möglich. Wie kann dann die Versorgung des Kindes aussehen?

Der Kontakt mit Gleichaltrigen gehört zu einem kindgerechten Alltag dazu. Dabei unterstützen wir. In manchen Einrichtungen sind Kinderkrankenschwestern vor Ort und können die Behandlungspflege übernehmen. Wenn das nicht so ist, leisten wir als Kinderpflegedienst auch medizinische KiTa- und Schulbegleitungen. Finanziert wird das über die Krankenkasse oder die Eingliederungshilfe. Die Notwendigkeit der Begleitung kann sehr unterschiedliche Ursachen haben.

Hat zum Beispiel ein Kind einen Tracheostoma, so muss dieses regelmäßig versorgt werden. Ist das Kind von einer Epilepsie betroffen, die schwer eingestellt werden kann, dann sind wir da, um bei unvorhersehbaren Ereignissen eingreifen zu können. Es kann aber auch sein, dass das Kind noch zu jung ist, um sich schon selber um seine Diabeteserkrankung zu kümmern. Dann unterstützen wir so lange, bis die Selbstständigkeit in diesem Bereich erreicht ist.

Wir arbeiten dabei natürlich auch mit den Erzieher*innen oder Sozialpädagog*innen zusammen. Die interdisziplinäre Arbeit in der KiTa oder Schule hat immer das gemeinsame Ziel der Inklusion, dem Kind ein Zusammensein mit anderen Kindern und ein kindgerechtes Erleben zu ermöglichen. Wenn das Kind in die KiTa oder Schule gehen kann, ist dies oft auch eine Entlastung für die Eltern.

Vielen Dank für das Gespräch.

Wenn Sie sich weitergehend über die Leistungen rund um die pflegerische Versorgung von Kindern und Jugendlichen informieren möchten, hilft Ihnen ein Gespräch mit einer Pflegeberatung weiter.

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